Heute also. Stichtag. Einsendetag. Letzter Tag. Heute werden Träume verschickt. Drucker belastet. Worte gekostet. Über vierzig Texte warten, ob sie erwählt werden. Ob sie in den Umschlag kommen. Ob sie schließlich von dozierenden Augen gelesen werden. Wer weiß, vielleicht wollen sie gar nicht? Schließlich sitzt am anderen Ende jemand, der einen Stempel drauf haut. „Gut“. „Miserabel“. „Akzeptabel“. Die Gedichte zittern. Die Prosa lehnt sich an sie: „Kommt her, wir tun uns alle zusammen. Zusammen sind wir stark.“ Und dann sind da noch die kleinen Episoden. Sequenzen. Nicht zu vergessen die, die nicht in Frage gekommen sind. Ein paar Geschichten haben es nicht in die letzte Runde geschafft. Schon bevor es in die Post ging. „Tut mir leid. Um dich muss ich mich noch mal an anderer Stelle kümmern. Für dich will ich mir mehr Zeit nehmen, als ich jetzt habe“. Die Geschichten nickten. Die Gedichte nickten. Die Zeit ist noch nicht reif. Für andere schon. Und die warten nun gespannt, ob sie es aufs Siegertreppchen schaffen. Die letzten Tage waren interessant, arbeitsam und auch anstrengend. Ich habe stundenlang an meinen Texten gearbeitet, die Zeit verging im Fluge. Es gibt und gab keine konkrete Vorgabe, welcher Art die Texte sein sollen, was ich gut finde. „Reichen Sie zum Thema „Herbst“ ein Gedicht, ein Sonett, eine Kurzgeschichte, ein Haiku, ein Senryu und einen Essay ein“ – da wäre ich schon raus gewesen, bevor es angefangen hätte. Es ist schon richtig so, diese „keine Vorgabe“ bis auf die 20 Seiten Textbegrenzung. Also musste ich selbst eine Richtung finden, eine Sortierung quasi, eine Auswahl treffen. Es bedeutete ein stetes inneres Ringen. Ein stetes innere Abwägen: Ist das gut genug? Die Frage nach dem „Wert“ dessen, was man abgibt. Es kritisch beäugen. Zweifeln. Beruhigen. „Es wird sich fügen. Es kommt, wie es gedacht ist.“ Die Texte sind gut. Der Weg, den die Texte nehmen. Der Weg, den die Gedanken nehmen. Die Gefühle. Nicht nur die Texte wurden bearbeitet, auch ich selbst habe mich durch diesen Prozess verändert. Einen anderen Blick bekommen, auf mich, das, was ich tue und auf meine Texte. Und am Ende? Ein Umschlag. Die Idee eines Traumes. Das hier könnte die Basis sein. Vielleicht. Das eine übernehme ich. Das andere machen die anderen. Vielleicht passt es. Vielleicht nicht. Alles kann, nichts muss. Heute bringe ich auf den Weg, woran ich die letzten Jahre, Wochen, Monate gearbeitet habe. Noch bin ich ganz entspannt. Ich habe Zeit, bis die Post schließt. Gleich geht es ans Entscheiden. Und dann ans Sortieren. Und dann geht es zur Post. Spannend! Irgendwo las ich, dass es diese „letzten Termine“ bräuchte, damit die Dinge fertig würden. Stimmt. Die besondere Anspannung, die erhöhte Konzentration und Aufmerksamkeit. Heute also. Stichtag. Einsendetag. Letzter Tag. Heute werden Träume verschickt. Mal sehen, was draus wird.
© mp