ameisen im kirschblütenhaufen

schreiben als antwort aufs schweigen

Kategorie: Gefühle

zeiten

derselbe körper
derselbe kopf
am abend schwer
beschäftigt
mit schwerem
am morgen
fühlt sich alles
leicht an
derselbe körper
derselbe kopf
ein neuer tag

© mp

herzgescheit

wie mein herz nach dir ruft
es hält dich fest
im innern
tief beschützt trägt es dich
durch alle stürme
dieses lebens
wie eine schützende hand
in der ich dich halte
dich sehe
in mir hast du raum
ich lass dich frei
ich halt dich fest
ich trage dich
in mir
durch alle stürme

© mp

frequenz

heute morgen ist ein summen
in mir ein lied
dessen melodie ich gerade erst lerne
wieso denke ich an dich dabei
und wie alles gekommen ist
erst drehe ich mich lauter
dann leise
fast kann ich nichts mehr
hören
in dieser lebendigen
stille
da erklingt wieder die melodie
aus der ferne
das bist du

© mp

atmend

ich hauche
den morgen
ans fenster
der blick
auf den frischen
schnee
weiß
es ist ruhig
doch nicht still
dich spüre ich
herzenstief
und alles singt

© mp

von fülle und glücksfällen

gestern wurde mir großes glück zuteil. es fand mich oder ich fand es oder wir fanden uns. wie das alles gekommen ist, erzähle ich euch jetzt, so kurz und präzise wie möglich. ich verließ das haus am späten nachmittag, mit keinen großen zielen oder plänen, außer zu gehen und mich zu bewegen. ein paket hatte ich dabei, wollte bücher verschicken, und später zur stadtbibliothek laufen, um dort filme zurück zu geben, die ich ausgeliehen und gesehen hatte. (zu den akten: sie geht spazieren, scheint bücher zu mögen, leiht sich filme aus). ich ging in ruhe, bemerkte die geräusche der stadt kaum, war in gedanken, aber nicht gefangen oder verfangen. ich dachte einfach, betrachtete, sah, ging weiter. erreichte schließlich die bibliothek, lieh weitere filme aus, viele filme. verließ die bibliothek, verspürte appetit und machte halt in einem kleinen thai-imbiss, bestellte ein vegetarisches menü nur deshalb, weil die besitzerin und köchin sich einverstanden erklärte, für gemüse mit reis nicht ihre vorgeschlagenen 10 euro, sondern „nur noch“ handfeste 8 euro zu verlangen – (10 euro für gemüse mit reis? dafür ist mehr gemüse! hm. dann: okay, 8 euro. ich stimmte zu und nahm platz). an einem anderen tisch saßen zwei, die sich sehr laut unterhielten. über geld, erbschaft, über pläne, was wo wie und überhaupt (zu laut). ich konzentrierte mich auf das, was auf der straße geschah. mein essen wurde gebracht, ich konnte es kaum essen, so heiß war es. und nicht ein champignon dabei (obwohl auf der karte erwähnt)! ich aß, langsam, es schmeckte gut, doch ich wollte nicht bleiben, ließ mir alles einpacken und kaufte im nahe gelegenen blumenladen katzengras (nicht für mich! für die katzen natürlich!) 4,50 euro. puh. nun ja. von da aus weiter. ich ging durch die straßen, es war inzwischen dunkel, viele menschen waren unterwegs, alle[s] friedlich. da erblickte ich plötzlich einen kleinen buchladen, ein antiquariat, kaum größer als ein schuhkarton. ich öffnete die tür und ging hinein. hinter dem tresen saß einer mit freundlichem gesicht, frisch gewaschenem haar und föhnfrisur, vertieft in eine aufgabe. er fegte bücher aus, ich beobachtete es aus kleiner entfernung. und fragte nach lyrik. er begann zu erzählen, „ja, habe ich da, also hier, also moment„. schob kartons zur seite, bücherstapel, und der blick wurde frei, auf DREI regale voller lyrik! „in der ganzen stadt gibt es keinen buchladen, der so viel lyrik hat, wie du hier!“, sagte ich hocherfreut und begann die buchrücken zu lesen. ich fand lauter namen, die ich noch nie gehört und gelesen hatte. meine freude wuchs. wir sprachen ein bisschen weiter, er reinigte die bücher, radierte bleistiftnotizen aus büchern, die verkauft waren. ich zog buch für buch aus dem regal, las hinein. „wenn ich mehrere bücher nehme“, setzte ich an, „können wir den preis dann verhandeln?“ er nickte und  bejahte, während der bücherstapel auf der ladentheke anwuchs. schließlich begann ich zu zählen. 19 gedichtbände! und so viele namen, die ich noch nie gelesen hatte: jan faktor (dichter aus prag, wunderbare lyrik, die ich gleich heute morgen gelesen habe). dann: dana ranga. ein ganzer gedichtband nur über astronauten, über den flug durchs weltall. ganz wunderbar! cyrus atabay, aldona gustas, adolf endler, tomasz rozycki, joachim sartorius, thomas kunst, paul klee (!!! den kenne ich natürlich, aber ein gedichtband von ihm! wow! so groß ist meine freude!). dann geht es weiter mit maja vidmar, stevan tontic, und, und, und. ach, ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, wie groß meine freude war und immer noch ist! preislich sind wir überein gekommen, ich trug sämtliche bücher nach hause und begann bald darin zu lesen. und ich kann euch sagen: es ist ein fest, eine große, große freude! (zu den akten: sie scheint lyrik zu lieben oder zumindest zu favorisieren, scheint offen zu sein für unbekannte oder ihr nicht bekannte dichter und dichterinnen, geht gern spazieren, auch in worten).

© mp

musik!

heute: letzter arbeitstag für dieses jahr für mich. vorher noch ein arzttermin im angrenzenden stadtteil, da fahre ich gleich mit dem rad hin, denn auch heute scheint die sonne hoffnungsfroh durchs fenster. ich freue mich schon auf ein paar freie tage, auf meine rückschau aufs jahr, es war ein bewegendes jahr, in dem viel passiert ist, auch bei und in mir. ich habe so viel gelernt und geschafft, ich habe genauso viel getragen und erlitten auch, so wie sich das leben kontinuierlich bewegt, so bewege ich mich mit. alles entwickelt sich. jetzt trinke ich meinen frisch gekochten kaffee, eine miezekatz liegt gleich rechts neben meiner hand am laptop, die andere klettert gerade die pflanze hoch, aus der ich sie gestern abend schon 15 mal herausgepickt habe. (ooooh, da muss ich schnell hin), und die dritte liegt entspannt vor dem fenster und ruht sich aus. habt einen schönen tag!
liebe grüße aus berlin.

p.s.: jetzt hab ich sie schon wieder drei mal da herausgepflückt aus dem gummibaum, den sie so gerne hochklettern und von dem sie alle blätter ablösen möchte. eins liegt auf dem boden. gerade springt die kleine miez auf den schrank. es bleibt alles in bewegung, spannend und schön. 🙂

musik!

verlaufen

dezemberregen
tropfen tanzen auf asphalt
der morgen ist grau

kein schnee mehr zu sehn
der himmel wolkenbedeckt
bald ist weihnachten

© mp

aufgewacht

ich hatte vergessen, wie das ist. und realisiert, als es geschah, habe ich es auch nicht. erwartet irgendwie, ja, weil so besprochen. aber dann doch nicht wirklich mitbekommen, den übergang nicht, den wechsel auf eine andere ebene, weil nichts gesagt, nur getan, nicht von mir. plötzlich: weg. ich. und dann: wieder da. dazwischen: sachtes abtauchen, weggleiten. das letzte was ich hörte war eine frage, auf die ich antwortete. dann stille. und dort, wo ich dann innerlich war, fühlte es sich an wie zuhause. vertraut. ruhig. ein schöner schlaf. erholsam, traumlos. dann aufgewacht durch geräusche, die ich nicht kannte. augen auf. sofort gewusst: ich bin nicht zuhause. geschlafen hatte ich auch nicht, jedenfalls nicht direkt geschlafen. narkotisiert war ich. und der arzt sagte: alles gut. mit dem taxi fuhr ich heim.

tagebuchnotizen, 30.11.23

© mp

erster schnee

der schnee verweilt
auf wiesen und auf wegen
des winters liebe müh:
bezieht die stadt mit weißem laken
nun tragen auch die autos mützen
und die geräusche trauen sich
nicht mehr richtig laut zu sein
der schnee verwandelt und verweilt
für ein paar tage und nächte
träume in weiß

© mp

Bin ich würdig?

Ein wunderbares Portrait. Full of wisdom. Sehr sehenswert. Nehmt Euch die Zeit, es lohnt sich. Enjoy.

beschäftigt sein (assoziatives)

man beschäftigt. sich. man beschäftigt sich im doppelten sinne. man beschäftigt sich, lenkt sich ab, von sich, von anderem. lenkt ein, lenkt, ist hier und da unterwegs, im internet, im telefon, im buch, im innern, im kopf oder im herzen, im eigenen oder in dem eines anderen wort oder werk. in dieser oder anderen welten. in den wolken. werten. in wäldern. man liest, genießt, hört, sieht, fühlt, entziffert, dechiffriert, macht, tut. man beschäftigt sich, mit sich, eigenem oder fremdem verhalten, gedanken, gefühlen, bildern, ideen und vorhaben. groß und klein. sein. man ist was, isst was, man hat was, man hat was vor, hat sich vor, behält sich vor, trägt vor, trägt nach, trägt hinterher, vor sich her, beträgt sich beträchtlich. zieht manches. in betracht. betrachtet cool in einer tour? ein hoch auf die kultur. kultur im landeanflug. wo bin ich gelandet? assoziationen, reflexe, reflektionen. man beschäftigt sich, besieht sich, beschädigt sich, entschädigt sich. schaut sich an, um, liest sich ein, liest ab, vertieft sich, beschäftigt sich mit begradigungen, inneren begnadigungen, beschädigungen, schadet nicht, übersteht unbeschadet, überschattet vom beschädigten beschäftigt man, sich, andere. mit unbeschädigtem. sucht. schreibt auf. dringt ein. geht tiefer. wühlt. fällt. steht auf. bleibt auf. es bleibt: man beschäftigt sich.

© mp

unterbrechung

herbstlich dröhnt
der laubbläser
am frühen morgen
sämtliche nachbarn wach
ich schließe die fenster
doch durch die ritzen
stiebt das riesengeräusch
in alle räume
setzt es sich
bis ich ansetze
zu einem:
kannst du nicht einfach
einen besen nehmen?
es wird still und es bleibt still
– es bleibt still!

© mp

Zitat

“Das Gute, das du gestern getan hast, wird dir beim Aufwachen Glück bringen.”

(Sprichwort aus dem Hinduismus)

papier

warum also liebe ich
gedichte
ich weiß es
nicht
und weiß es doch
vielleicht

ist es die konzentration
auf einen moment
auf eine wahrheit
ausgesprochen oder nicht

oder die schönheit
mit der etwas oder jemand
betrachtet
wird
der weitblick
und der mehrfachblick

die schönheit
und ästhetik
auch der worte
kraft und tiefe

die wenigen die es braucht
um etwas zu sagen
es im kern
zu erfassen

was man wahrheit nennt
nicht alles ewig aber doch
für einen moment
konzentriert
auf papier gebannt

© mp

eingebettet

die vögel sind fort
still und mild ist der morgen
langsam hebt sich die sonne
über die bäume
die herbstlichen farben
leuchten für uns
im licht der frühe
liegt die hoffnung
des neuen tages

© mp